Antidepressiva und Hypomanie

Frage eines Lesers:

Diese Frage betrifft einen 20-jährigen Mann, der seit (mindestens) der High School an Depressionen leidet. Ihm wurde Zoloft in steigenden Dosierungen von 25, 50 und dann 100 mg über mehrere Wochen verschrieben.

Bei der 100er-Dosis wurde er hypomanisch und hat nun zusätzlich zu Zoloft mit Abilify begonnen. Bedeutet dies, dass die Person bipolar ist, wenn ein hypomanischer Zustand die Folge der Medikation ist? Der Grad der Hypomanie war vor der Medikation für seine Familie nicht erkennbar. Vielen Dank im Voraus für Ihre Überlegungen.

Antwort:

Die meisten von uns sind der Meinung, dass man sich einer bipolaren Diagnose nicht sicher sein kann, nur weil eine hypomanische Episode auf Antidepressiva zurückzuführen ist – wir würden eine spontan auftretende hypomanische oder manische Episode erwarten (d. h.,

Ob die Person eine bipolare Diagnose erhält oder nicht, hängt zum Teil davon ab, wie lange ihre Hypomanie-Symptome anhalten, nachdem sie das Antidepressivum abgesetzt (falls sie es tatsächlich abgesetzt hat) oder mit Abilify begonnen hat. Eine Hypomanie unter Antidepressiva kann bei Menschen auftreten, die zwar depressiv sind, aber ansonsten noch nie eine hypomanische Episode hatten. Manche Menschen werden nicht per se hypomanisch, sondern werden unruhig, nervös, aufgedreht und haben Schlafprobleme. Im DSM-5 (APA, 2013) heißt es: “Eine vollständige manische Episode, die während einer antidepressiven Behandlung auftritt, aber auf einem vollständig syndromalen Niveau über die physiologische Wirkung dieser Behandlung hinaus andauert, ist ein ausreichender Beweis für eine manische Episode und damit für eine Diagnose Bipolar I.” Übersetzt bedeutet dies, dass wir die bipolare Diagnose verwenden, wenn die Person länger hypoman oder manisch bleibt, als vernünftigerweise auf das Antidepressivum zurückgeführt werden kann (d.h. mehrere Wochen).

Ein Artikel von Baldessarini et al. (2013) identifizierte “51 relevante Berichte mit fast 100.000 Patienten mit MDD ohne eine Vorgeschichte von Manie oder Hypomanie, die mit einem Antidepressivum behandelt wurden. Stimmungswechsel traten bei 8,2 % innerhalb von durchschnittlich 2,4 Jahren nach der Behandlung auf, das sind 3,4 % pro Jahr. Das kumulative Risiko eines Stimmungswechsels stieg bis zu 24 Monate nach der Behandlung mit einem Antidepressivum an. Die Wechselraten waren bei Jugendlichen 4,3-mal so hoch wie bei Erwachsenen.” See more at: http://www.psychiatrictimes.com/bipolar-disorder/switching-mood-depressi….

Die Folgen einer durch ein Antidepressivum ausgelösten hypomanischen Episode für die Behandlung sind u. a.: Vorsicht bei der künftigen Verwendung von Antidepressiva angesichts dieser Neigung; die Bedeutung der Kombination von Antidepressiva mit Stimmungsstabilisatoren oder Antipsychotika der zweiten Generation (wie Abilify) zum Schutz vor künftigen manischen Episoden; und das Erlernen einer möglichst guten Regulierung der Schlaf-Wach-Zyklen.

Ich hoffe, diese Informationen sind hilfreich.

—DJM

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