Jede Woche wirft VICE Sports einen Blick zurück auf ein wichtiges Ereignis dieser Woche in der Sportgeschichte – Throwback Thursday, oder #TBT für alle coolen Kids. Die vorherigen Ausgaben können Sie hier lesen.

Vor zwölf Jahren wurde der 14-jährige Freddy Adu von seinem Heimatverein D.C. United gedraftet und kam mit großen Erwartungen in die Major League Soccer. Das Wunderkind, das als Erbe von Pelé gehandelt wurde, war der jüngste Amerikaner, der jemals Profisport betrieben hat, der bestbezahlte Spieler der Liga und der zukünftige Retter des amerikanischen Fußballs.

Natürlich lief es nicht so. Der Junge, den man ein Phänomen nannte, bevor er Auto fahren konnte, wurde als Versager abgestempelt, bevor er einen Drink kaufen konnte. Trotz häufiger Geistesblitze bestand Adus Profikarriere hauptsächlich aus vagabundierenden Jahren in Europa und der MLS, wobei sich sein Potenzial nie zu beständiger Größe entwickelte. Jetzt spielt er für die Tampa Bay Rowdies in der NASL, eine Stufe unter der MLS, und erhält immer noch gelegentlich Aufmerksamkeit, die meist auf einer wenig schmeichelhaften Frage beruht: Was ist schief gelaufen?

Die Antwort findet sich vielleicht ganz am Anfang von Azus Geschichte.

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Nicholas Scrivens erinnert sich an das erste Mal, als er Freddy Adu weinen sah. Die beiden Jungs waren seit ihrer Kindheit befreundet und spielten im Jahr 2000 mit ihrem Team, den Potomac Cougars, in Raleigh, North Carolina.

“Wir waren ganz allein”, sagt Scrivens, “und ich fragte: ‘Yo Fred, was ist los, Mann?’ Und er sagt: “Alle sagen immer, dass ich nicht so alt bin, wie ich bin. Dass ich 20 Jahre alt bin. Nur weil ich schwarz und Afrikaner bin, denken sie, dass ich lüge.”

Meistens konnte Freddy die Zweifel an seinem Alter mit einem Achselzucken abtun, aber in dieser Nacht in Raleigh brach er zusammen. Er war 11.

Die Gerüchte begannen fast sofort, als Adu in die Jugendfußballszene von Maryland eintrat. Im März 1998, einige Monate nachdem seine Familie in ihrem Heimatland Ghana bei einer Lotterie für eine Green Card gewonnen hatte und in die Vereinigten Staaten gezogen war, tauchte der achtjährige Adu bei einem Vorsaisonturnier der Cougars auf, die zu dieser Zeit mehrmaliger Landesmeister von Maryland waren. “Was ich da sah, war mehr als realistisch”, sagt Arnold Tarzy, der damalige Cheftrainer der Cougars.

In jenen Tagen, als es noch kein YouTube und keine sozialen Medien gab, verbreitete sich das Evangelium von Adu durch Mundpropaganda, und jeder, der ihn spielen sah, wurde unfreiwillig zum Evangelisten. “Es hieß immer nur: ‘Habt ihr den Jungen spielen sehen? Hast du ihn gesehen?'”, sagt Scrivens. “Aber nachdem man ihn gesehen hatte, fing man an, seine eigenen Geschichten zu erzählen. Er war einfach überlebensgroß.”

Jeder Moment der Brillanz verstärkte nur die Zweifel an seinem Alter. Nach dem Fall von Danny Almonte, dem dominikanischen Little League World Series-Teilnehmer von 2001, dessen Geburtsurkunde gefälscht worden war, wurde das Team von Skepsis gegenüber Adus Geburtsurkunde geplagt. “Vor allem, als wir die nationale Bühne erreichten, hörte man das immer wieder”, sagt Cougars-Teamkollege Sam Empson. “Jeder hat versucht, in Freddys Kopf einzudringen.”

Tarzy sagt, dass die Gerüchte mit eifersüchtigen Eltern begannen. “Die Egos der Eltern wollten nicht glauben, dass irgendjemand besser sein könnte als ihre auserwählten Kinder”, sagt er. “Sie mussten irgendetwas dafür verantwortlich machen, also sagten sie, er müsse zu alt sein.”

Als sich die Gerüchte verbreiteten, stieg auch das Interesse der Medien an Adus Alter. “Die Leute wollten seine Geburtsurkunde sehen, sie wollten uns die Medaillen wegnehmen”, sagt Scrivens. Sports Illustrated schickte sogar einen Forscher in das Krankenhaus, in dem Adu in Ghana geboren wurde, fand aber keine Beweise dafür, dass Adu älter war, als er behauptete.

Während die Gerüchte Adu abseits des Spielfeldes verfolgten, war er auf dem Spielfeld ein gezeichneter Mann. Gegnerische Eltern und Fans riefen ihm Namen zu (“Freddy Krueger!” war eine beliebte Wahl) und ermutigten ihre Söhne, Adu immer härter zu schlagen, bis er gezwungen war, die Spiele zu verlassen. Das ständige Foulspiel wurde so schlimm, dass die US-Fußballnationalmannschaft Videos von Adu zur Schulung der Offiziellen verwendete. “Die Jungs haben ihn absichtlich gefoult, und er ist einfach wieder aufgestanden”, sagt Scrivens. “Er hatte diesen Geist, der unerbittlich war. Freddy wollte dich in allem schlagen.”

Adus Fähigkeiten und sein Kampfgeist erregten die Aufmerksamkeit ausländischer Scouts. Im Jahr 2000 schickte Inter Mailand einen Vertreter nach Maryland, um sich mit Tarzy und Adus Mutter Emilia zu treffen. Der italienische Klub bot Adu einen Platz in seiner renommierten Jugendakademie und 750.000 Dollar an.

“Seine Mutter war völlig verwirrt von all dem”, sagt Tarzy. “Und sie sagte: ‘Mein Sohn ist nicht käuflich.’ Sie war eine sehr prinzipientreue Frau und hat ihre Familie nicht in die Vereinigten Staaten gebracht … nur um alles aufzugeben, indem sie ihren Sohn für einen Geldbetrag ins Ausland schickt, der ihr kurzfristig zugute kommt.”

Obwohl Adu das Angebot ablehnte, waren seine Tage in der Region DC gezählt. Im Jahr 2001 führte er seine Vereinsmannschaft, die heute als Bethesda Internationals bekannt ist, zum nationalen Titel der U-14-Jugend. Während des Turniers lud John Ellinger, Cheftrainer der U-17-Nationalmannschaft der Vereinigten Staaten, Adu ein, am Aufenthaltsprogramm des Teams in Bradenton, Florida, teilzunehmen.

Dort musste sich Adu nicht mehr mit Anschuldigungen über sein Alter auseinandersetzen. Aber er musste sich mit Spielern auseinandersetzen, die drei und vier Jahre älter waren als er, und einige von ihnen waren unglücklich darüber, dass ein 12-Jähriger so viel Aufmerksamkeit erregte. “Die Natur eines Wohnheims ist sozialer Darwinismus”, sagt der Sportpsychologe Trevor Moawad, der mit Adu und dem Team gearbeitet hat.

“Freddy ist eine starke Alpha-Persönlichkeit. Er ist enthusiastisch, er ist laut, er ist energisch, er ist charismatisch, und das war für einige der Jungs eine Umstellung. Es war nicht gerade einfach, mit ihm umzugehen. Er war eher ein NFL Wide Receiver als ein amerikanischer Fußball-Mittelfeldspieler.”

Aber Adus Leistungen auf dem Spielfeld, gepaart mit der Unterstützung der Mannschaftskapitäne und des Trainerstabs, überzeugten seine Zweifler, und der Hype wurde immer größer. Moawad sagt, dass die Bedingungen in Bradenton für Adu ideal waren, um sein Spiel zu entwickeln: “Er hat gut geschlafen, gut gegessen, hart trainiert und gestemmt. Er tat all die Dinge, die man tun muss, um erfolgreich zu sein.”

In seinem zweiten Jahr in Bradenton – vor dem Finale eines großen internationalen Jugendturniers, dem Dallas Cup 2003 – wurde sich Adu zunehmend der Erwartungen an ihn und seine Karriere bewusst.

“Wir bereiten uns auf das Spiel gegen Newcastle vor, und Freddy packt mich und sagt: ‘Was glaubst du, wie viele Leute hier sind?'” sagt Moawad. “Und ich sagte: ‘Na ja, fast 14.000 Leute.’ Und er sagt: ‘Es ist ein komisches Gefühl zu wissen, dass mich 28.000 Augen anstarren.”

Unter den Zuschauern waren auch Vertreter von Nike und der MLS. Im Mai 2003 nahm Nike Adu mit einem Vertrag über eine Million Dollar unter Vertrag, und im darauf folgenden Januar zahlte ihm die MLS rekordverdächtige 500.000 Dollar pro Jahr, was den 14-Jährigen zum bestbezahlten Spieler der Liga machte.

“Das finanzielle Angebot war so bedeutend, dass seine Familie wirklich keine andere Wahl hatte, als es anzunehmen”, sagt Adus ehemaliger Trainer Tarzy. “Er hatte die Möglichkeit, den Weg seiner Familie in eine völlig andere Richtung zu lenken, als sie es bisher getan hatte.”

Neben Nike schloss Adu auch einen Werbevertrag mit Pepsi ab, das den berüchtigten Pelé-Werbespot produzierte. Es folgten Titelseiten von Zeitschriften und ein Sonderbericht in 60 Minutes. Nur sechs Jahre, nachdem er ein Fußballfeld in einem Vorort von Maryland betreten hatte, wurde Adu nun als Retter des amerikanischen Fußballs und als Kronjuwel einer Liga bezeichnet, die ihren Platz in der amerikanischen Sportlandschaft festigen wollte.

Für diejenigen, die ihn am besten kannten, war die Aufmerksamkeit durchaus verdient. “Es hieß nie: ‘Das ist völlig übertrieben'”, sagt Empson. “Es hieß immer: ‘Na klar, Freddy wird der nächstbeste Spieler der Welt sein.'”

Aber manche sahen auch eine neue Seite von Adu. “Sie haben gesehen, wie sich seine Persönlichkeit verändert hat”, sagt Scrivens. “Als er aus Bradenton zurückkam, sagte ich: ‘Yo, Fred, komm vorbei und lass uns Basketball spielen.’ Er sagte: ‘Yo, sind jetzt auch Mädchen da?’ Ich glaube, die Leute haben ihm den Spaß daran genommen.”

Als die Saisoneröffnung näher rückte, wurde der Hype um Adu immer größer. Bei seinem Debüt am 3. April 2004 zog D.C. United 24.603 Fans ins RFK Stadium, fast 10.000 mehr als in der Saison zuvor. In der gesamten Liga stiegen die Zuschauerzahlen deutlich an, was als “Freddy-Effekt” bekannt wurde.

Trotz der Aufmerksamkeit war Adu ein Reservist, der meist nur auf der Bank saß und für ein Team von D.C. United spielte, das in diesem Jahr den MLS-Pokal gewann. Einige Trainer beschwerten sich, dass Adu in Bradenton verhätschelt wurde, da er sich nur schwer an die Härten des Profidaseins gewöhnen konnte.

Moawad sagt, dass Adu – der eigentlich erst 14 Jahre alt war – Unterstützung brauchte, die er nicht bekam: “Sie hatten einen Medienplan, sie hatten keine anderen Pläne. Man wollte ihn einfach nur in die Infrastruktur stecken. Wenn es einen Plan für die Entwicklung von Freddy gab, habe ich nie etwas davon gehört, und ich war eine der Personen, die während der drei Jahre in Bradenton am meisten mit ihm zu tun hatte.” Adu lehnte es über seinen Agenten ab, für diese Geschichte interviewt zu werden.

Als Adu nicht spielte, kehrten die Zweifel zurück, zusammen mit einer bekannten Kritik. In der Washington Post ging der beliebte Sportkolumnist Tony Kornheiser häufig zum Angriff über:

Denken Sie, dass Freddy Adu eines Tages ein Spice Girl heiraten wird, wie David Beckham es tat? Das wäre so cool. Aber die Spice Girls sind jetzt fast 40. Welche würde er also heiraten, Old Spice? Bada-boom.

Wir haben den 14-jährigen Superstar Freddy Adu, der uns zu Hilfe kommt. Er fährt den 1991er Cadillac Eldorado, den er neu gekauft hat, als er, ähm, 2 Jahre alt war.

“Als er das Bethesda-Potomac-Trikot trug, hat ihn dieser Trash Talk motiviert”, sagt Scrivens. “Aber als es eine größere Bühne wurde und die Leute sagten, dass er die Erwartungen nicht erfüllte, hat ihn das verletzt.”

Im Endeffekt, sagt Moawad, war Adus Problem nicht, dass er über sein Alter gelogen hat. Sondern, dass er die Wahrheit sagte. Auf den Fußballplätzen in den Vorstädten, auf denen er sich am wohlsten fühlte, wurde er verspottet und ausgefragt und von den Wahrheitsfanatikern der Geburtsurkunde ins Visier genommen, Jahre bevor Barack Obama ein bekannter Name wurde. Die Leute wussten einfach nicht, wie sie mit jemandem umgehen sollten, der so jung und so gut war, geschweige denn, wie sie ihn fördern sollten.

Als Adu Profi wurde, fragte niemand mehr nach seinen Papieren. Aber sonst änderte sich nichts.

“In der Welt des American Football wäre er kein Problem gewesen. Null. Sie hätten gewusst, wie sie mit ihm umgehen müssen. Aber der Fußball sah diesen Kerl und dachte: ‘Oh mein Gott! Ich glaube, dass die Major League Soccer, ich glaube, dass unser Land im Allgemeinen nicht bereit war, die Last der Entwicklung seines Talents zu tragen.”