Die idiopathische Orbitalentzündung (IOI), auch bekannt als orbitaler Pseudotumor und unspezifische Orbitalentzündung, ist eine idiopathische entzündliche Erkrankung, die am häufigsten die extraokulären Muskeln betrifft. Seltener kommt es zu entzündlichen Veränderungen der Uvea, der Sklera, der Tränendrüse und der retrobulbären Weichteile.
Die genaue Ätiologie ist nicht bekannt, aber es wird über einen Zusammenhang mit vielen entzündlichen/Autoimmunerkrankungen berichtet.
Terminologie
In der Literatur werden viele Begriffe für die idiopathische Orbitalentzündung austauschbar verwendet, darunter Orbitalpseudotumor, unspezifische Orbitalentzündung und orbitales Entzündungssyndrom.
Klinische Präsentation
Die Patienten stellen sich typischerweise mit einer schnell einsetzenden, meist einseitigen (~90 % der Fälle), schmerzhaften Proptosis und Diplopie vor. Eine idiopathische Orbitalentzündung ist eine Ausschlussdiagnose; bei atypischer Präsentation, schlechtem Ansprechen auf die Behandlung mit Kortikosteroiden und Rezidiven sollte eine Biopsie durchgeführt werden, um andere Erkrankungen auszuschließen.
Pathologie
Histologisch zeigen akute Läsionen Lymphozyten (die mit einem orbitalen Lymphom verwechselt werden können), Plasmazellen und Riesenzellinfiltration.
Klassifikation
Eine Unterteilung in eine Reihe von Untergruppen je nach Lokalisation wurde vorgeschlagen:
- Tränenpseudotumor (Dacryoadenitis)
- Anteriorer Pseudotumor: im Fettgewebe unmittelbar hinter dem Globus
- posteriorer Pseudotumor: im Fettgewebe an der Orbitaspitze; unterscheidet sich vom Tolosa-Hunt-Syndrom dadurch, dass der Sinus cavernosus verschont bleibt
- myositischer Pseudotumor (Myositis): Betrifft überwiegend die EOMs und ahmt daher die Schilddrüsen-assoziierte Orbitopathie (TAO) nach, aber im Gegensatz zur TAO sind auch die Sehnen beteiligt
- optische Perineuritis: Beteiligung der Sehnervenscheide
- diffuser Pseudotumor: Befall mehrerer Kompartimente
Assoziationen
Die Erkrankung wurde mit anderen Entzündungs- und Autoimmunerkrankungen in Verbindung gebracht:
- IgG4-verwandte Erkrankung, die jetzt als eigenständige Entität anerkannt ist: IgG4-verwandte orbitale Erkrankung
- Sarkoidose
- Granulomatose mit Polyangiitis
- Systemischer Lupus erythematodes (SLE)
- Polyarteritis nodosa (PAN)
- Dermatomyositis
- Rheumatoide Arthritis (RA)
- Sklerosierende Cholangitis
- Riedel-Thyreoiditis
- Mediastinale Fibrose
Röntgenologische Merkmale
Die Bildgebung zeigt eine Vergrößerung des Muskelbauchs eines (oder mehrerer) extraokularer Muskeln, typischerweise mit Beteiligung ihrer Sehnenansätze. Die Beteiligung des Sehnenansatzes unterscheidet sie von der schilddrüsenassoziierten Orbitopathie (TAO), bei der der Ansatzpunkt verschont bleibt. Die Schonung der vorderen Sehne schließt jedoch die Diagnose einer idiopathischen orbitalen Myositis 7 nicht aus.
Eine zusätzliche Entzündung kann in den umliegenden Geweben gesehen werden, einschließlich des orbitalen Fettgewebes, der Tränendrüse und der Sehnervenscheide.
Sie kann als infiltrative Masse auftreten und sich über die superioren oder inferioren Orbitaspalten nach außen ausbreiten. Eine Ausdehnung in den Sinus cavernosus, die Hirnhäute und die Dura kann auftreten. Sie ist meist unilateral, kann aber in 25 % der Fälle bilateral sein.
MRI
Berichtete Signalcharakteristika umfassen:
- T1: betroffene Region typischerweise isointensiv (zu extraokularen Muskeln) 1, kann aber auch hypointensiv 1-3 sein
- T2: betroffene Region typischerweise hypointensiv aufgrund von Fibrose und mit zunehmendem Fortschreiten der Fibrose wird sie stärker hypointensiv, aber das Signal kann auch iso- bis hyperintens zu den extraokularen Muskeln sein 2
- T1 C+ (Gd): mäßige bis ausgeprägte diffuse Anreicherung
Behandlung und Prognose
Die meisten Fälle klingen mit einer Behandlung (in der Regel genügen Kortikosteroide) rasch ab, obwohl bei einer Untergruppe mit chronischerem Verlauf eine Chemo- und Strahlentherapie erforderlich sein kann. Ein gewisses Maß an Restfibrose kann nachgewiesen werden, vor allem in den refraktären Fällen.
Geschichte und Etymologie
Die Krankheit wurde erstmals 1905 von Birch-Hirschfeld et al. beschrieben 6. Sie führten 1930 auch den Begriff Orbitalpseudotumor ein 7.
Differenzialdiagnose
Eine der wichtigsten Differenzialdiagnosen der idiopathischen Orbitalentzündung ist das Orbitallymphom. Sowohl klinisch als auch radiologisch gibt es erhebliche Überschneidungen zwischen diesen Entitäten. Das orbitale Lymphom tritt jedoch in der Regel nicht akut, sondern als progrediente Orbitopathie auf, ist häufiger bilateral, weist niedrigere ADC-Werte auf und spricht nicht auf Kortikosteroide an.
Andere bildgebende Differentialdiagnosen sind:
- Orbitazellulitis: in der Regel verbunden mit einem subperiostalen Abszess aus einer benachbarten Sinusitis oder mit einer Vorgeschichte von Trauma/Zahnbehandlung
- Schilddrüsen-assoziierte Orbitopathie (TAO): schont die Sehnenansätze und ist in der Regel nicht schmerzhaft
- Tolosa-Hunt-Syndrom: verwandte Erkrankung mit Beteiligung der Hirnnerven im Sinus cavernosus und daraus resultierender Ophthalmoplegie
- Granulomatose mit Polyangiitis: beidseitige Beteiligung der Nasennebenhöhlen und Orbita, verbunden mit knöcherner Zerstörung
- orbitale Sarkoidose
- orbitale Metastasen
- orbitales Rhabdomyosarkom